Wut, Frust und Hass schriftlich begegnen

Der Ton wird rauer, nicht nur in Social Media. Auch im Beschwerde- und Community-Management nehmen verbale Angriffe zu und sind kaum noch einzufangen. Unser Modell vom SAK®/FAK® hilft euch, die richtigen Worte zu finden.

Boxhandschuhe als Symbolbild für unsere Aussage, dass der Ton in der Kommunikation rauer geworden ist

Empathie für andere Positionen? Oft Fehlanzeige. Menschen reagieren immer häufiger auf vermeintlich neutrale Aussagen mit verbalen Angriffen und Vorwürfen. Ein einziges Wort kann zu Wut- und Hassposts führen.

Die Gründe dafür sind vielfältig. Die Medien sind zu Echokammern der Frustration geworden. Pandemie, Krieg, Klimawandel verschärfen die Unsicherheit in der Gesellschaft.

Hinzu kommt aber auch berechtigte Enttäuschung. Viele Menschen fragen sich: Warum sollten wir der Industrie, Politik, ja selbst dem Arbeitgeber gegenüber emphatisch sein? Viel zu oft wird dort Empathie nur vorgegaukelt. Wer glaubt heute noch Floskeln wie "Ihre Meinung ist uns wichtig", "Sie stehen im Mittelpunkt" oder "Unsere Mitarbeitenden sind entscheidend"?

Worte nutzen sich nicht nur ab, sie werden zu Bumerangs, wenn keine Taten folgen

  • Wie sollten Community Manger:innen auf agressive Posts reagieren?
  • Wie kommunizieren wir Nachrichten wie Preiserhöhungen, Einschränkungen oder Schließungen?
  • Wie können wir intern Change-Prozesse erfolgreich kommunizieren?

Mit solchen Frage beschäftigen wir uns bei Textwende. Lassen sich wütende, frustrierte oder auch hasserfüllte Menschen mit einem Text abholen? Und wie verhindern wir, dass unsere Kommunikation die Situation noch verschärft?

Ein wichtiger Schritt: Empathie nicht gleichzusetzen mit dem Einsatz von Wörtern wie "gerne", "leider" oder "schön".

Genau das wurde und wird jedoch in vielen Kommunikationsschulungen vermittelt: Starte deine Kommunikation mit einer wertschätzenden Formulierung. Kein Wunder, dass die meisten Antworten auf Beschwerden mit Floskeln wie "Wir bedauern, dass Sie unzufrieden sind" beginnen. Wenn danach gleich ein "aber" folgt, wird diese Aussage unglaubwürdig und damit das Gegenteil von empathisch. Wir raten in unseren Schulungen deshalb von solchen Einstiegsfloskeln ab und finden individuellere Lösungen.

Empathie ist die Fähigkeit, die Gefühle der anderen zu verstehen. Denn hinter jeder Äußerung steckt ein Bedürfnis und ein Ziel, wenn auch oft unbewusst. Gute Kommunikation setzt bei diesen Bedürfnissen und Zielen an. Als Kommunikator:in muss ich herauslesen können, was hinter den wütenden oder verletzenden Äußerungen steckt. Es gibt sehr viele Persönlichkeitsmodelle, wie zum Beispiel das DISG®-Modell, das vier Personlichkeitstypen beschreibt. Für die schriftliche Kommunikation sind solche Modelle jedoch zu komplex, da wir nicht im direkten Austausch mit den Menschen sind.

Wir haben deshalb für die schriftliche Kommunikation ein einfacheres Modell entwickelt, das nur zwei Typen unterscheidet:

Schwierige Zielgruppen sind entweder SAKs®oder FAKs®

 

1.  SAKs®- die Enttäuschten

SAK® steht für
"Sensibelste anzunehmende Kundin/Kollegin" bzw. "Sensibelster anzunehmender Kunde/Kollege"

Das Modell beschreibt keine feste Persönlichkeit, sondern einen Zustand, in dem sich Menschen befinden, wenn sie sehr enttäuscht oder überfordert sind. Ganz gleich womit: dies kann ein Thema (z. B. Gendern), eine oder mehrere Personen (privat/beruflich/gesellschaftlich), ein Unternehmen, ja selbst ein Wort sein, wie z. B. "Agil".

Allen SAKs® ist gemein, dass sie reflexartig mit Ablehnung, Wut oder Verzweifelung reagieren, wenn ihnen ihr "Aufreger" begegnet.
SAKs® sind im Prinzip bereit, ihre Meinung zu ändern. Sie wünschen sich sogar eine Lösung, hoffen auf eine Einigung und auf Anerkennung. Nur sind sie selbst nicht mehr in der Lage, die Situation aus der Distanz zu analysieren und jede Kommunikation, die ihr Vorurteil bestätigt, verstärkt ihre Wut bzw. ihre Enttäuschung. Es bedarf deshalb einer längeren Beziehungsarbeit oder eine überraschende Handlung, damit wir SAKs® kommunikativ erreichen.

Daran erkennst du, ob dir ein SAK® schreibt:

  • schreibt von sich (ich bin gut)
  • liefert häufig genaue Fakten (ich weiß, wovon ich rede)
  • jammert und klagt (Ich leide)
  • macht andere verantwortlich (ich habe alles getan)
  • droht mit Anwalt oder Presse (glaubt sich im Recht)
  • fordert manchmal Lösungen ein (gibt noch eine Chance)
  • sucht eher das persönliche Gespräch

 

Das Wichtigste in der Kommunikation mit SAKs®: Authentisch und individuell schreiben

  • keine Floskeln verwenden
  • keine falschen Versprechen geben
  • Emotionen des anderen spiegeln
  • ggf. Fragen stellen und die Person noch einmal antworten lassen, bevor wir argumentieren
  • Stachelwörter vermeiden - dazu gehören Formulierungen wie "wie bereits besprochen" oder "ausnahmsweise" etc.
  • nicht versuchen, die Person "umzustimmen"

 

"Piep-Piep-Piep - wir haben uns alle lieb" - SAK®-Kultur in Unternehmen

Kein Mitarbeitender beginnt in einem Unternehmen als SAK®. Menschen werden es erst durch wiederkehrende Enttäuschung und falscher Versprechen. In einigen Unternehmen gibt es die Rosa-Rot-Policy in der Kommunikation. In der internen Kommunikation wird entsprechend geherzt, alle versuchen super freundlich zu sein - auch, wenn die Stimmung schlecht ist. Probleme, Ärger oder Komplikationen werden schriftlich nicht thematisiert oder durch blumige Entschuldigungen kaschiert. Im besten Fall lächeln die Mitarbeitenden müde, im schlechteren Fall werden immer mehr Mitarbeitende zu SAKs® und eine wirksame Kommunikation immer schwieriger.

Wer in solchen Unternehmen als Kommunikator:in arbeitet, sollte wissen, welche Themen, Personen oder Wörter die SAK®-Strukturen befeuern.
Wenn die Mitarbeitenden z. B. in den letzten Jahren immer wieder die Erfahrung gemacht haben, dass viel angekündigt und wenig umgesetzt wird, achtet darauf, eure Kommunikation auf konkrete Ereignisse aufzubauen und über diese bildhaft und möglichst neutral zu berichten.

SAKs® schreiben häufiger Beschwerden und posten auf Fachcommunitys, da sie hier hoffen, noch gehört zu werden.

 

 

 

2. FAKs® - die Machtgetriebenen

FAK® - fieseste anzunehmende Kundin/Kollegin bzw. fiesester anzunehmender Kunde/Kollege

Der FAK® unterscheidet sich vor allem durch einen entscheidenden Punkt vom SAK®: Es braucht eine gewisse Persönlichkeitsstruktur, um als FAK® zu agieren. Zwar mag es sein, dass auch der FAK® zunächst enttäuscht wurde oder mit etwas überfordert war - ohne eine gewisse Lust an der Provokation und dem Gefühl der Stärke durch Degradierung würde ein SAK® jedoch nie zu einem FAK® mutieren.

Denn allen FAKs® ist gemein, dass sie nicht mehr an einer Lösung interessiert sind und die Kommunikation für sie zu einem Machtspiel wird.
Sie drehen die Kommunikation immer so, wie es ihnen passt. Viele FAKs® sind rhetorisch sehr geschickt und lauern nur darauf, dass wir ihnen "Futter" für ihr Spiel liefern. Das tun wir vor allem dann, wenn wir sie wie SAKs® behandeln. Denn sie werden unsere Bereitschaft ihnen zuzuhören, als Schwäche auslegen.

Daran erkennst du einen FAK®

  • spricht von den anderen (wertet ab)
  • bringt selten genaue Daten (verallgemeinert)
  • nutzt Whataboutism und andere rhetorische Mittel (verdreht Aussagen)
  • verwendet Formulierungen wie "war klar/nicht anders zu erwarten" (unterstellt Absicht)
  • sucht die Öffentlichkeit (tummelt sich in seiner Bubble)

 

Das Wichtigste in der Kommunikation mit FAKs®: Haltung auf unaufgeregte Art zeigen

  • keine Verteidigung
  • keine offenen Fragen
  • Verbrüderung bei Aussagen, die akzeptabel sind (das ärgert den FAK®)
  • Aussagen ohne lange Erläuterungen treffen
  • Stachel- und Honigwörter vermeiden - dazu gehören auch Wörter wie "gerne" oder "leider"
  • kein Gesprächsangebot

 

In Social Media kennen wir FAKs® als Trolle. Auch hier lautet der Rat: "dont feed the troll".

Nicht jeder FAK® ein Troll.

FAKs® agieren häufig subtiler als Trolle und wir finden sie auch in allen anderen Kommunikationen, während Trolle eher die Anonymität des Netzes suchen.
So gibt es unter Führungskräften häufiger FAKs® und Unternehmen mit FAK®-Kultur. Diese erkennst du daran, wenn es in diesen Unternehmen gang und gäbe ist, E-Mails ohne Anrede und Verabschiedung zu versenden, ein gewisser Befehlston in der Kommunikation herrrscht (ist zu tun!) und vielen eine persönlichere Kommunikation suspekt erscheint.

Es ist sehr wichtig, den feinen Unterschied zwischen SAK® und FAK® zu erkennen. Denn viel zu häufig, werden diese beiden Typen verwechselt und es kommt zu massiven Störungen in der Kommunikation.

SAKs® erhalten nicht die notwendige Anerkennung, weil wir sie für FAKs® halten
und FAKs® bekommen Nahrung, weil wir sie wie SAKs® behandlen.

 

Was leistet das Modell in der Praxis?

Eine Unterscheidung in 4 oder mehr Persönlichkeitstypen ist zu kompliziert und im Alltag kaum einsetzbar. Das SAK®-FAK®-Modell dagegen ist leicht und sehr eingängig. Es beschreibt den entscheidenden Unterschied zwischen zwei Typen: Menschen, die ich kommunikativ erreichen kann und Menschen, die ich nicht erreichen kann.

  • Es beschreibt wenige, aber entscheidende Faktoren, durch die wir die Ziele in der Kommunikation erkennen können.
  • Es lässt sich auf einzelne Aspekte, wie z. B. ein Thema einschränken und umfasst nicht zwingend die gesamte Person
  • Es ist bildhaft und ermöglicht Autor:innen sich von verbalen Angriffen zu distanzieren und sich weniger angegriffen zu fühlen.
  • Es hilft zu erkennen, ob wir als Autor:innen nicht schon selbst zu SAKs® geworden sind.
  • Es lässt sich universell auf alle Kanäle einsetzen (also nicht nur für Social Media)
  • Es zeigt auch Strukturen und kulturelle Probleme auf, die durch das Modell schnell begreifbar werden

 

Warum ist ein tieferes Verständnis notwendig?

So einfach das Modell auch ist - es bedarf dennoch eines tieferen Verständnis und einer Schulung der Kommunikator:innen. Nicht nur, um die beiden Typen sicher unterscheiden zu können und die richtigen Worte zu finden.

In der alltäglichen Kommunikation gibt es auch Strukturen, die der SAK®- und FAK®-Kommunikation ähneln, jedoch andere Ziele haben. Hier sei z. B. der Unterschied zwischen horizontaler und vertikaler Kommunikation genannt. Eine vertikal kommunizierende Person testet die Rangordnung - ist diese geklärt, ist die Kommunikation sehr wohl möglich. Dies ist beim FAK® nicht der FAll. Eine horizontal kommunizierende Person geht es um die Sache und den Austausch - sie zollt ihrem Gegenüber deshalb Respekt, etwas, das der SAK® nicht mehr schafft. Wer sich für diese Form der Kommunikation interessiert, sollte eines der Bücher von Peter Modler lesen.

 

 

Ania Dornheim

ist Partnerin bei Textwende und seit über 20 Jahren als Kommunikationsberaterin, Trainerin, Coach und Texterin aktiv. Sie berät zusammen mit Sabine Krippl und ihrem Team Unternehmen bei der internen und externen Kommunikation und bildet Textcoaches aus.

 

 

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